Vorgeschichte

Tatra 603 1. SerieNachdem im Jahre 1950 mit dem Typ 87 der PKW-Bau bei Tatra auf staatliche Anordnung eingestellt worden war, um das Werk auf LKW-Produktion umzustellen, rückte die kommunistische Staatsführung der Tschechoslowakei von diesem Vorhaben wieder ab, als im Lande innerhalb kürzester Zeit ein Mangel an repräsentativen Fahrzeugen auftrat. Da die wenigen sehr teuren, importierten großen sowjetischen PKW, wie der GAZ-12 ZIM aufgrund ihrer eher müden Fahrleistungen und der vor allem anfangs schlechten Verarbeitungsqualität unbeliebt waren, wurde in der Tschechoslowakei die Produktion entsprechender luxuriöser PKW als dringend notwendig betrachtet. Zudem erkannte die Regierung nun auch, dass der Bau von Luxusautos durchaus eine nationale Prestige-Frage darstellte, und erteilte Tatra daher im Jahre 1955 die Erlaubnis, neue Luxus-PKW zu produzieren.

Entwicklung

Noch im selben Jahr begannen die Arbeiten am neuen Tatra 603 genannten Automobil wie auch der Bau der ersten Prototypen, nachdem schon im Vorjahr 1954 im Werk die ersten Skizzen bzw. Entwürfe für das neue Modell in Erwartung der Genehmigung von Entwicklung und Konstruktion angefertigt wurden. Vom Gesamtkonzept her sollte auf den bisher gemachten Erfahrungen mit dem Bau entsprechender Fahrzeuge wie dem Tatra 87 aufgebaut werden, jedoch ohne diesen unmittelbar als technische Basis zu übernehmen. In den Jahren 1954 bzw. 1955 wurde auch eine Großraumlimousine auf Basis des Tatra 603 unter der Bezeichnung „Tatra 707“ entworfen, jedoch niemals auch nur als Prototyp realisiert. Entwickelt wurde ein völlig neues großes Auto mit aerodynamischer Karosserie, einem luftgekühlten V-Achtzylinder-Motor im Heck (Version 603F) mit einem Hubraum von (zunächst) 2545 cm³, OHV-Ventilsteuerung und einer Leistung von 95 PS (73 kW). Die Modellbezeichnung Tatra 603 leitet sich vom Motor-Typ 603 ab, der anders als die komplett neue entworfene Karosserie, schon seit 1949 fertig konstruiert war. Dieser neue Motor war – wenn auch entsprechend modifiziert – schon 1950 im GP-Rennwagen Tatra 607 Monoposto sowie 1951 im 601 Tatraplan Monte Carlo zu Einsätzen im Motorsport gelangt und galt daher als bereits erprobt und bewährt. Der Typ 603 besaß als letzter Tatra eine stromlinienförmige Karosserie und hatte mit seinem Vorgänger Typ 87 lediglich die Grundprinzipien gemein (Luftkühlung, Heckmotor, Heckantrieb, Pendelachse hinten), war jedoch ansonsten eine völlige Neukonstruktion. Die auf dem Bild des Prototyps von 1955 sichtbare zentrale Flosse am Wagenheck, welche die Vorkriegs-Baumuster Typ 77 und Typ 87 standardmäßig hatten, wurde jedoch nicht in die Serie übernommen. Ein eindrucksvolles Stilmerkmal sind andererseits die für die Luftkühlung benötigten Lufteintrittshutzen, die in die hinteren Radkästen integriert sind. Ein besonderes Kennzeichen der ersten Serie (1955–1963) waren die drei gleich großen Hauptscheinwerfer hinter einer der Karosserieform entsprechend gewölbten Glasabdeckung, eine sehr individuelle Lösung, die gewählt wurde, um die aerodynamischen Qualitäten der Karosserie zu optimieren.

Tatra 603

Das neue große Auto, das 1956 im In- und Ausland der Öffentlichkeit präsentiert wurde und sogleich in die Serienproduktion ging, galt damals wie die Vorgängermodelle aus der Vorkriegszeit als ungewöhnlich und erhielt im damaligen Westdeutschland wegen seiner modernen Linienführung einen Preis. Allerdings konnte der T 603 jedoch im Gegensatz zum Typ 87, der bis zum Schluss für private Kunden lieferbar blieb, zum Erstaunen des Fachpublikums sowie von potentiellen privaten Kaufinteressenten weder von Exportkunden noch von der gewöhnlichen einheimischen Bevölkerung erworben werden, da es nur für die politische Nomenklatura bzw. die Oberschicht vorgesehen war. Der Anfangs 95 und später 105 PS starke bis zu 165 km/h (erste Serie 170 km/h) schnelle Typ 603 war jedoch im Export ab Anfang der 1960er-Jahre in zahlreichen befreundeten Ländern des früheren Ostblocks bzw. des sozialistischen RGW/COMECON – inklusive der DDR und Kuba – für einen entsprechenden Personenkreis erhältlich. Seit 1962 wurde eine neue Motorversion eingebaut (603G), die einen geringfügig auf 2474 cm³ verkleinerten Hubraum, dafür jedoch eine um 10 PS gesteigerte Leistung aufwies.

Tatra 603-2 bzw. Tatra 2-603

Tatra 603 2. Serie1963 wurde das Auto zum Typ 2-603 (auch: Typ 603-2) modernisiert. Die auffälligste Änderung betraf die Fahrzeugfront, in der die vorderen drei Hauptscheinwerfer hinter der Glasabdeckung durch vier gewöhnliche kleinere eng angeordnete Scheinwerfer ersetzt wurden. Damit besaß der Typ 603 eine nunmehr etwas zerklüftete Front, die der Aerodynamik eher abträglich war, denn die Höchstgeschwindigkeit sank trotz der geringfügigen Mehrleistung um 5 km/h. Es folgten zudem weitere kleinere optische Retuschen an der Karosserie.


Tatra 603-3 bzw. Tatra 2-603 Modell 1969

Tatra 603 3. Serie1968 folgte eine weitere Überarbeitung, wobei die neue und endgültig standfest gewordene Motorversion (603H) zum Einbau kam und die vier Scheinwerfer etwas weiter nach außen versetzt wurden. Diese Version sollte eigentlich Tatra 3-603 genannt werden, aber auf Grund der ansonsten nötigen hohen finanziellen Aufwendungen für die Homologation wurde offiziell die Bezeichnung Tatra 2-603 (Typ 603-2) beibehalten bzw. zur Unterscheidung oft als Typ 603-2 Model 1969 bezeichnet. Wiederum wurden geringfügige Änderungen an der Optik vorgenommen. Am auffälligsten waren wie beschrieben die Front, die Chromleisten an der Seite (jetzt durchgehend angeordnet) und die neuen, vereinfachten, in der Mitte spitz zulaufenden statt bisher gewölbten Radkappen. Die Produktion des Typs 603 endete schließlich im Jahre 1975 nach insgesamt drei Serien, während bereits seit einem Jahr der wesentlich modernere und stärkere Nachfolger Typ 613 hergestellt wurde.

Vom Tatra 603 wurden in zwanzig Jahren insgesamt 20.422 Exemplare in handwerklicher Weise „in Serie“ hergestellt; somit stellt dieses Baumuster den am häufigsten produzierten PKW-Typ von Tatra dar.

Der Typ 603 war als größter in der ČSSR hergestellter PKW von Staats wegen her nicht für den Verkauf an private Kunden vorgesehen und diese hätten ihn sich aufgrund des hohen Preises auch kaum leisten können. Er wurde als Staatskarosse dem Staatspräsidenten und den Ministern zur Verfügung gestellt, ansonsten nur höheren Funktionären der Kommunistischen Partei, leitenden Beamten des Staatsapparats, Direktoren der größeren Staatsbetriebe zugeteilt oder an regimetreue verdiente Personen abgegeben. Im Laufe ihres Einsatzlebens wurden viele Fahrzeuge zur Überholung in das Werk geschickt, wo sie zum Teil eine neue Karosserie erhielten und dabei ältere Ausführungen oftmals auf den jeweils aktuellen Stand umgerüstet wurden. Ein weiterer Nutzer dieses Typs war der damalige tschechoslowakische Geheimdienst; wenige ältere Exemplare wurden als Einsatzfahrzeug von Feuerwehr-Kommandanten verwendet. Lediglich aus dem Staatsdienst ausgemusterte Exemplare fanden ihren Weg in private Hände, so unter anderem in der ČSSR und der DDR. Wenige Exemplare fanden in einigen Städten der ČSSR in Privathand einen Einsatz als Taxi.

Tatra 603 heute

Vor der politischen Wende bzw. dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahre 1989 waren die T 603 im Westen stets eine absolute Rarität, die höchstens in der Hand von Flüchtlingen in den Westen gelangten. Nach 1990 wurden viele dieser Autos selbst von Liebhabern aus der DDR, Tschechien und anderen osteuropäischen Ländern privat in den Westen sowie auch nach Deutschland importiert und sind heute beliebte Oldtimer bzw. Liebhaberstücke, die häufig auch in Museen stehen. Sie werden oft nicht zuletzt wegen ihrer Ausmaße von 5,00 m Länge und 1,90 m Breite und dem luftgekühlten Achtzylinder-Motor im Heck als originelle Fahrzeuge bestaunt.

Fahreindruck

Das Fahrverhalten der 603er ist trotz Heckmotor und Pendelachse hinten bei Trockenheit fast gutmütig; bei Nässe oder Schnee reagiert er jedoch vor allem bei plötzlichen Bremsmanövern sehr empfindlich. Die Schaltung ist zwar vollsynchronisiert, funktioniert jedoch aufgrund der langen Übertragungswege eigentlich nur dann wirklich befriedigend, wenn – wie in den 50er-Jahren bei LKWs ohne Synchrongetriebe üblich – mit Zwischengas und Zwischenkuppeln geschaltet wird. Die Verarbeitungsqualität liegt weit über dem Stand der damaligen PKW-Modelle aus dem Ostblock und ist ohne weiteres mit westlichen Modellen vergleichbar. Der Typ 603 lässt sich trotz fehlender Servolenkung wegen der günstigen Übersetzung des Lenkgetriebes und des relativ leichten Vorderwagens problemlos leicht lenken und überzeugt noch heute mit gutem Federungskomfort. Die Fahrleistungen waren anfangs beeindruckend und machen den 603 noch immer zu einem schnellen Reisewagen.

Quelle: wikipedia.org